Gestern fiel mir (30, weiblich) am Badesee eine Gruppe sehr junger Frauen auf die Oben Ohne herumtollten, bei denen ich vermute, dass keine von ihnen volljährig war. In den mir bekannten Gesetzen und Regeln wird nichts über eine Altersgrenze gesagt.
Mir ist bekannt dass Oben Ohne in den meisten öffentlichen Räumen erlaubt ist. Ich nutze das ebenfalls gelegentlich. Aber ich rede nicht von Erwachsenen die dezent in der Sonne liegen oder von Kleinkindern die im Sand spielen, ich rede von Teenagern bei denen ordentlich was auf den Rippen wippt, die herumtollen, Ball spielen, Rad fahren und mit Jungs knuddeln.
Bin ich die einzige die das verstörend findet und einen Schutzinstinkt entwickelt?
Ist es erlaubt dass Minderjährige sich derart uneingeschränkt im öffentlichem Raum präsentieren dürfen?
Findet ihr das grundsätzlich in Ordnung?
Denkt ihr dass man sich daran mittelfristig gewöhnen kann/muss?
Zieht man damit irgendwelche Perverslinge an?
Ein Bikini wäre vor hundert Jahren ein Skandal gewesen, und hundert Jahre davor wäre es anzüglich gewesen, wenn Männer badende Frauen überhaupt hätten sehen können.
In manchen Ländern ist das heute noch so, und Kleidervorschriften werden meist über den Schutz der Frauen gerechtfertigt.
Umgekehrt laufen Frauen in diversen “Naturvölkern” (blödes Wort, ihr wisst was gemeint ist) oben ohne rum, ohne dass es die Männer da permanent völlig aushängt.
Was zu viel oder prüde ist definiert sich immer relativ zum gesellschaftlichen Standard. Für mich wirkt die konkrete Situation wie die logische Fortsetzung des Bralessness-Trends.
Dass du einen Schutzinstinkt entwickelst ist gut und gerechtfertigt, weil Frauen und Mädchen offensichtlich zu viel sexuelle Belästigung erfahren. Aber das war schon so, als sich irgendwelche Adligen noch aufreizende Knöchelgemälde hin- und hergeschickt habe. Um das zu ändern braucht es keine Kleidervorschriften, sondern einen wesentlich tieferen gesellschaftlichen Wandel.
Kleine Anekdote, Georg Christoph Lichtenberg geboren 1742 schrieb zum Thema Freikörperkultur schon Essays. Der Gute ist auch darüber hinaus für seine Aphorismen bekannt, sehr lesenswert. Aber wie gesagt, es geht ja nicht um einen abgegrenzten FKK-Bereich sondern wirklich “20 Meter neben dem Biergarten und 50 Meter neben der Hauptstraße zwischen 50+ Badegästen”. Und grundsätzlich scheint das sogar für Straßenverkehr zu gelten. Ich lege jetzt keine Rolle ins Kopfkino ein, das kann jeder selbst.
Du meinst glaube ich Georg Christoph Lichtenberg, wobei der in seinem Geburtsjahr vermutlich noch nicht schreiben konnte.
Vor hundert Jahren hätte man die Debatte genauso mit Bikinis geführt. In anderen Ländern ist das immer noch so. Und falls sich oben-ohne durchsetzen sollte diskutiert man vielleicht in ein paar Jahrzehnten auf gleiche Weise unten-ohne.
Die Spanner gibt’s aber unabhängig davon - die sind da ja nicht, weil sie woanders keine Brüste sehen könnten (das Internet existiert).
Lichtenberg habe ich passend korrigiert,danke für den Hinweis. Seine Daten waren rein aus dem Gedächtnis.
Beim Selbstfinden von Erwachsenen bin ich auch extrem großzügig solange alle Beteiligten mündig und einverstanden sind. Da erschreckt mich nichts.
Aber mit 14 ist man einfach noch nicht in der Lage sich selbst vor Übergriffen zu schützen. Ich kann mich da noch an eine Klassenfahrt nach Italien erinnern. Mitschülerin, 17, macht im öffentlichem Bus ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Eine andere Mitschülerin fragt was los ist, Antwort “der Mann hinter mir hat seine Hand in meiner Hose”… eine 17(!) Jährige Gymnasiastin mit guten Noten die von so einer Situation völlig überfordert ist… was macht dann die 14-jährige Hauptschülerin mit kaputtem Selbstwertgefühl wenn der nette Onkel an die Glocken greift?
(Der Busgrabscher wurde dann von unserer versammelten Burschenschaft aus dem Bus geworfen. Männer sind manchmal Schweine und manchmal nützlich und manchmal beides 😉)
Die Geschichte zeigt doch, dass es nicht an der Kleidung liegt, sondern an (gefühlten) Machtgefällen und einer etwaigen gesellschaftlichen Duldung.
Es ist ja nicht so, als ob irgendwem am Freibadeingang auf einmal der Frontallappen durchschmort und er losrennt und das erste paar nackte Brüste greift, dass es findet.