Bei einem Einsatz im Gazastreifen töten israelische Soldaten aus Versehen drei Geiseln. Erste Ermittlungen zeigen nun: Die drei hielten offenbar eine weiße Fahne hoch.
Da wird anscheinend auf alles geschossen, was sich bewegt. Das einzige Versehen war hier vermutlich dass es Israelis waren.
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Du hast wohl überlesen, dass sich die Soldaten bedroht gefühlt haben?
Wer kennt es denn nicht? Das Schwenken einer weißen Fahne - das Signal der Bedrohung seit Anbeginn der Zeit. Nichts schreit mehr ‘ich bin gefährlich’. Weiß ist schließlich eine Warnfarbe.
Bei dir liest sich das so als ob, sobald jemand eine weiße Fahne schwenkt, die Gegenseite aufm Schlachtfeld sofort alle ihre Waffen niederlegen müsse, weil von denen ja wie durch ein Naturgesetz keine Gefahr ausgehen könne.
Die Realität sieht leider anders aus.
Weißt du was ein Finte ist?
Das die Terroristen der Hamas eine weiße Fahne schwenken um die Soldaten der IDF in einen Hinterhalt zu locken, ist nun wirklich nicht so unwahrscheinlich. Auch nicht, dass sie dafür israelische Geiseln benutzen, die benutzen schließlich auch ihre eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilde.
Damit möchte ich nicht sagen, dass die IDF hier richtig gehandelt hat, das haben sie nicht, wie auch ein Militärsprecher selbst sagte.
Aber deine Idee, dass sobald jemand eine weiße Fahne schwenke, könne gar keine Gefahr von ihm ausgehen, ist realitätsfern.
Was halt haargenau passiert ist ist folgendes: (Mindestens) Oberkörperfreie Geiseln haben weiße Fahne geschwenkt. Soldat sieht sie und schreit „Terroristen“ und sofort öffnen mehrere Soldaten das Feuer. Als einer der Soldaten überlebt, flieht und auf Hebräisch nach Hilfe ruft, schießen die Soldaten weiter um ihm den Rest zu geben.
Netanyahu persönlich hat den Vorfall als unglaubliche Tragödie bezeichnet. Was gibt’s da noch zu rechtfertigen?
Nichts, ich habe auch nicht versucht das zu rechtfertigen.
Vom heimischen Schreibtisch aus lässt sich leicht reden.
Was gibt’s denn dazu noch zu sagen? Eine Geisel konnte vor den Soldaten fliehen und wurde dann trotzdem im Nachhinein erschossen. Hier wird nichtmal von offizieller Seite bezweifelt, dass dies falsch war.
Vermutlich passieren ähnliche Vorfälle immer wieder. Das ist für mich der eigentliche Skandal. Ein Menschenleben scheint in Gaza nichts wert zu sein. Diesmal kommt allerdings auch von israelischer Seite ein Aufschrei weil’s die eigenen erwischt hat. So tragisch wie dieser Vorfall ist, vielleicht öffnet er ja wenigstens ein paar Leuten die Augen.
Ohne Quantifikation ist das leider nicht so einfach. Sinnloses Töten ist eines der vielen ekelhaften vielen Dinge, die untrennbar mit jedem Krieg verbunden sind. Selbst Soldaten werden sehr oft von ihren Kameraden erschossen. Knapp 20% der Verluste der IDF bisher waren friendly fire. Und natürlich lassen sich auch Kriegsverbrechen wie das absichtliche Erschießen von Zivilisten nicht ganz verhindern, wenn ein größerer Krieg geführt wird. Soldaten im Krieg sind dazu angehalten zu töten, müssen also tagtäglich bereit sein das wichtigste Tabu der Menschheit zu brechen. Natürlich führt das dazu, dass viele den Wert des menschlichen Lebens vergessen und zu Mördern werden.
Die politisch relevante Frage hier ist also, wie häufig das wirklich passiert, welche Maßnahmen die IDF dagegen ergreift und was man hier wirklich erwarten kann. Wenn man das ganze z.B. mit Falludscha vergleicht, kann man schon Indizien sehen, dass die IDF zu viele zivile Opfer in Kauf nimmt, aber sicher sagen kann so etwas eigentlich erst lange nach dem Ende des Konflikts.